

Anchorage

Der Flug nach Anchorage war wirklich sehr angenehm. Die XL-Seats in der Mitte der ersten Reihe im Economy-Bereich waren auch für Menschen mit 1,92 Meter Körpergröße gut dimensioniert. Entgegen einigen Beschreibungen in Flugportalen hat es hier auch nicht gezogen. Auch die Wahl auf einen Flug tagsüber war eine gute Wahl, so verging der Flug recht schnell, auch wenn das Filmangebot bei Condor wirklich überschaubar ist. Dennoch - Alles richtig gemacht!
Am Flughafen angekommen geht es schnell zu Alamo, um unseren Mietwagen abzuholen. Wir bekommen einen Chevrolet Traverse - ein großes Auto mit allem amerikanischen Komfort und großem Kofferraum.
Zufrieden fahren wir zu unserem Bed & Breakfast, das etwas außerhalb gelegen ist, aber eine wunderschöne 2-Zimmerwohnung für uns zur Verfügung stellt. Das Frühstück ist Spitze, nur der Lärm der Züge in der Nähe nervt.


Anchorage hat als Stadt nicht viel zu bieten - und das ist noch freundlich ausgedrückt. 1915 als Hauptquartier der Alaska Railroad gegründet wurde es beim Karfreitagsbeben 1964 nahezu vollständig zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte zweckmäßig, aber langweilig. Es gibt folglich keinerlei historische Bauten und somit wenig Charme. Die Stadt konzentriert sich im Wesentlichen auf eine Hauptstraße mit Geschäften und Restaurants. Schön sind die Lage am Cook Inlet und der Tony Knowles Coastal Trail, eine für Fahrradfahrer ideale Strecke entlang der Küste. So haben wir die ersten Tage zum Entspannen und langsam Ankommen genutzt.
Unser erster Ausflug führt uns in das Alaska Native Heritage Center, ein Museum, das die verschiedenen Kulturen alaskanischer Ureinwohner vorstellt. Alaska ist ein riesiges Land, das verschiedene, sehr unterschiedliche Regionen beinhaltet. In jeder dieser Regionen leben unterschiedliche Ureinwohner mit ihren jeweiligen, der Region angepassten, Traditionen, Kulturen und Lebensweisen. Diese werden hier teilweise vorgestellt - mit Vorführungen, Begegnungen mit Nachfahren dieser Ureinwohner und Bauten sowie Kunstwerken. Wir fanden das Museum allerdings, insbesondere für amerikanische Verhältnisse, eher lieblos und nur bedingt informativ. Am spannendsten war sicherlich die Vorführung der Sportarten, der sogenannten Eskimo-Games. Erstaunlich, welche Fähigkeiten die Männer haben.


Tiere spielen in der Mystik der Ureinwohner der Pacific Northwest Coast eine große Rolle. Geschichten über den Raben gibt es dabei in nahezu allen verschiedenen Kulturen, insbesondere jedoch bei den Tlingit.
In der Tlingit-Kultur gibt es zwei verschiedene Rabenfiguren, die unterschieden werden können, obwohl sie nicht immer klar differenziert sind. Einer ist der Schöpfer-Rabe, der dafür verantwortlich ist, die Welt zu schaffen und der manchmal als derjenige angesehen wird, der Licht in die Dunkelheit brachte. Der andere ist der kindliche Rabe, immer egoistisch, schlau, hinterhältig und hungrig. Als der Große Geist alle Dinge erschuf, hielt er sie getrennt und in Zedernkästen aufbewahrt. Der Große Geist schenkte diese Kästen an die Tiere, die schon vor dem Menschen existierten. Als die Tiere die Kisten öffneten, entstanden alle Dinge, die die Welt ausmachen. Die Kisten beinhalteten Dinge wie Berge, Feuer, Wasser, Wind und Samen für alle Pflanzen. Eine solche Kiste, die der Seemöwe gegeben wurde, enthielt das ganze Licht der Welt. Die Seemöwe aber weigerte sich, sie zu öffnen, sie umklammerte die Kiste und versteckte sie unter ihrem Flügel. Alle Tiere baten Raven, die Seemöwe zu überreden, die Kiste zu öffnen und das Licht zu befreien. Doch alles Betteln, Bitten, Schmeicheln und Tricksen half nicht. Die Seemöwe wollte die Kiste nicht öffnen. Da wurde Raven wütend und frustriert und steckte einen Dorn in den Fuß der Seemöwe. Raven schob den Dorn tiefer, bis der Schmerz die Seemöwe dazu veranlasste, die Kiste fallen zu lassen. Aus der Kiste entsprangen die Sonne, der Mond und die Sterne, die das Licht in die Welt brachten und so konnte der erste Tag beginnen.








Wir sind natürlich auch den Tony Knowles Coastal Trail mit dem Fahrrad gefahren. In Deutschland hatte ich gelesen, dass es etwa 1.500 Elche im Großraum Anchorage gibt, aber man glaubt ja doch nicht wirklich, dass einem quasi in der Stadt ein Elch begegnen wird - falsch gedacht. Mitten auf dem Trail für Fahrradfahrer und Fußgänger standen plötzlich eine Elchkuh und ein junger Bulle vor uns. Da heißt es dann Aufpassen, denn insbesondere junge Bullen kennen keine Furcht und greifen eher an. Ein wirklich lustiges Schauspiel - mit dem Bike langsam rangetastet, um zu passieren, der Bulle kommt auf uns zu, wieder zurück und auf ein Neues. So ging das eine Weile, bis die beiden Elche sich in die Büsche verdrückten. Ein ausgewachsener Elch hat übrigens eine Schulterhöhe von über zwei Metern und eine Länge von über 3 Metern. Ein Männchen kann bis zu 700 Kilogramm wiegen und hat ein Geweih mit bis zu 2 Metern Spannweite, das alleine über 20 Kilogramm auf die Waage bringt. Da heißt es wirklich Aufpassen!




Ein guter Ort um Elche zu beobachten ist auch die sogenannte Potter Marsh. Durch dieses Marschland im Süden von Anchorage hat man lange Holzstege angelegt, von denen aus man das Tierleben beobachten kann. Nicht spektakulär, aber ganz nett, um ein paar Lachse, diverse Vögel und eben Elche zu sehen. Wir hatten das Glück, eine Elchkuh mit ihrem Jungen zu sehen. Während sie gemütlich gefrühstückt hat, hat sich das Junge so geschickt versteckt, dass man es zwar kurz sehen, aber nicht fotografieren konnte. Einzig die in der unmittelbaren Nachbarschaft angelegte Schießanlage war doch sehr befremdlich - komisches Volk manchmal, die Amis.


Unseres Erachtens unbedingt einen Besuch wert ist der Lake Hood, direkt neben dem internationalen Flughafen gelegen und der größte Wasserflughafen der Welt. Im kurzen Alaska-Sommer, wenn die Sonne kaum untergeht, brummen die Flieger pausenlos im Tiefflug über den Lake Hood hinweg. Dann starten und landen bis zu 800 Wasserflugzeuge pro Tag - auf grauen Alu-Schwimmern steigen sie in den Himmel, unterwegs zu ihren Zielen entlang der Küste, zu einem Rundflug, zu einer abgeschieden Lodge, zu einem einsamen Wochenendhaus, zu einem entlegenen Nationalpark oder ins unzugängliche Innere Alaskas. Fliegen hat in Alaska eine geradezu existentielle Bedeutung, vor allem Fliegen mit kleinen wendigen "Bush Planes", den Buschflugzeugen. Rund 10.000 Maschinen sind in Alaska registriert, bei gerade mal 736.000 Einwohnern. Buschpiloten gelangen damit in naturbelassene, unzugänglichste Winkel des Bundesstaats - zu jeder Jahreszeit, auf Floats (Schwimmern), Rädern, Tundra-Reifen oder Skis. Bei einer gemütlichen Tasse Kaffee dem regen Treiben zuzuschauen ist einen Ausflug hierher wert.





Das Cook Inlet ist eine Bucht im Golf von Alaska, die die Kenai-Halbinsel vom Festland Alaskas trennt. Sie hat eine Länge von 310 km und verzweigt sich am nordöstlichen Ende bei Anchorage in Knik Arm und Turnagain Arm. Jeder, der mit dem Auto von Anchorage nach Seward fährt, kommt an dieser Strecke vorbei - ein für Alaska typisches Szenario, gibt es doch im Wesentlichen nur zwei große Highways, einen in Nord-Süd-Richtung und einen in Ost-West-Richtung. Viele Gebiete Alaskas sind noch pure Wildnis, in der man tagelang wandern kann, ohne Zivilisation zu sehen.
Wer schon mal ein paar in Alaska beheimatete Tiere sehen möchte, ohne dabei auf sein Glück zu hoffen, der besucht das Alaska Wildlife Conservation Center. Hier werden einheimische Tiere, die in der Natur verletzt wurden und nicht überlebt hätten, wieder aufgepäppelt. So kommt man an das ein oder andere Tier recht nah heran - ein guter Ausflug für etwa 2-4 Stunden.









